Von den einsamen Frauen #2

Das älteste Grün ist mein Zuhause. Ein Grün so alt, dass eure frischen Augen daran erblinden würden. Ein Grün, wie es nur die allerersten Farne kannten, die noch den Geruch von Tang in den Blattspitzen trugen. Ich aß ihn ungewürzt, den Tang, und die Farne knirschten roh zwischen meinen Zähnen. Ich nahm den größten Kelp und wickelte mich damit aufs Land, in das ich hineinwuchs; ich grub mich zwischen die Farne, gärte, düngte, gebar Hölzer. Meine Finger prüften die Rinden, sie waren schroff und gut, bogen die Äste, sie waren biegsam. Noch tiefer wollte ich wachsen, und ich verlängerte die Hölzer, verknüpfte ihre Wurzeln kilometerweit, verband sie in Freundschaft mit Flechten. Da waren es Wälder. Ich blickte nach oben und sah, wie sie mir den Himmel überdachten und das Licht durch die Blätter. Noch dichter wollte ich wachsen, und ich schuf Stufen, Leitern, Höhlen, Gänge, Inseln aus Grün. Meine Füße ließen die Stöckchen unter sich knacken und fanden Gefallen daran. Meine Haare verliefen sich zwischen Baumstämmen, aber meine Stirn hatte sich ins Moos verliebt. Ich wollte bleiben. Mochten die Wälder nun sich selbst gehören und den Beweglichen ein Zuhause sein. Ich wollte nur das Grün, das Grün für mich allein.

 

Maria, April 2o22

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