Buchtipp: Schwester Tod. Weibliche Trauerkultur. Abschiedsrituale, Gedenkbräuche, Erinnerungsfeste

Auf dieses Buch stieß ich in Vorbereitung auf meine Ausbildung zur Sterbebegleiterin.

Allein schon der Titel zog mich magisch an: Schwester Tod. Einerseits interessierte mich das Thema der weiblichen Trauerkultur brennend. Andererseits bekommt der Tod ein viel freundlicheres, ja, ein vertrautes Gesicht, wenn man ihn Schwester nennt. Das deckt sich sehr mit meinem Erleben des Übergangs in die andere Welt.

Die Autorin des Buches ist Erni Kutter, eine Sozialpädagogin, die sich seit langen Jahren mit Frauengeschichte, Frauentraditionen und Frauenspiritualität befasst. Sie beschreibt spannend, welche Bräuche Frauen seit der Jungsteinzeit rund um Sterben und Tod gepflegt haben. Ihr Blick auf Göttinnen und weibliche Heilige, die den Sterbenden und Toten beistehen, lässt sie schlussfolgern, dass die Begleitung Sterbender und Toter eine Frauendomäne war, bis sie von professionellen christlichen Geistlichen und später Ärtzen und Bestattungsinstituten übernommen wurde. Darüber hinaus gibt sie Anregungen, wie Frauen die Tradition der weiblichen Sterbe- und Totenbegleitung heute gestalten können.

Das Buch gliedert sich in fünf Kapitel:

  1. Die Vorbereitung auf den Tod
  2. Sterbebegleitung
  3. Die Übergangszeit zwischen Tod und Beerdigung
  4. Beerdigung
  5. Erinnerungskultur

In jedem Kapitel verbindet Erni Kutter Mythologie, historische Bräuche und Anregungen für die eigene Praxis. Sie erzählt von einer Totengöttin der Jungsteinzeit, die als weiße Frau in Erscheinung trat und mit Frau Holle in Verbindung gebracht werden kann. Sie beschreibt, wie die weiße Tödin in den Heiligenfiguren des Mittelalters und Märchen und Sagen überlebt hat. Sie berichtet von Volksbräuchen, in denen eine weibliche Trauerkultur fortbesteht und lässt uns durch Texte aus der Feder verschiedenster Autor:innen unterschiedliche Perspektiven auf den Tod nachvollziehen. Und durch Erfahrungsberichte und Hinweise auf interessante Instiutionen, Projekte und Menschen, die im Bereich Sterben und Tod arbeiten, zeigt sie viele Möglichkeiten auf, die wir heute Sterbende, Tote und Angehörige begleiten können. All diese Themenfülle stellt sie gut verständlich und strukturiert dar.

Das Einzige, was mich nicht hunderprozentig überzeugt hat, war die Tatsache, dass die Autorin sehr davon überzeugt ist, dass bis ins Mittelalter ausschließlich Frauen Sterbe- und Totenbegleitung geleistet haben. Dies ist meines Wissens historisch nicht (oder noch nicht) belegt. Aber dies tut dem Buch keinen Abbruch. Das Wissen um die Schätze einer weiblichen Trauerkultur ist unbezahlbar, auch wenn es nicht-weibliche Menschen gab, die sich ebenfalls dem Tod gewidmet haben.

Hier gibt es den Link zum Buch: https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Schwester-Tod/Erni-Kutter/Koesel/e327441.rhd

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