Über das Teilen, die Sichtbarkeit, das Bezeugen und den Tag der Bisexualität

Mein innerer Monolog geht so: Meine Sexualität ist mein Ding, ist privat -das muss niemand wissen, damit muss ich niemanden belästigen. Das interessiert eh niemanden. Sollen andere darüber reden. Ist doch egal. Besser nichts sagen, das fühlt sich nicht gut an.

Ja. Und nein. Denn diesen Monolog höre ich so so oft von anderen Frauen, wenn es darum geht, etwas nicht zu teilen, hinter der Authentizität zurück zu bleiben. Sich nicht zu zeigen, im Unsichtbaren zu bleiben. Im vermeintlich sicheren Raum.

Sicher deshalb, weil es keine Reaktion und keine vermeintliche Angriffsfläche bietet. In Wirklichkeit ist aber etwas, was ich wegdrücke, wo ich mich einpasse, immer unsicher, meine Psyche weiß das – das bestärkt das unbewusste Gefühl von Unsicherheit, nicht richtig/ genug sein nur noch. In dem Versuch, mich zu schützen, schade ich mir langfristig.

Tatsächlich habe ich glücklicherweise auch einen ruhigeren Punkt zu dem Thema in mir.

Ein ruhiges, wohliges Gefühl, dass das einfach ich bin. Dass Bisexualität unverrückbar zu mir gehört, nicht wegdefinierbar, nicht wählbar. Das ist ein wundervoll warmes Gefühl.

Und deshalb: Schau her, das bin ich.

Ich bin bisexuell. Das ist nicht alles, was ich bin, das definiert nicht mein Sein, aber es ist unverrückbarer Teil meines Seins.

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Warum ist das irgendwie relevant? Nun vielleicht ist es für dich nicht relevant. Aber wenn etwas nicht ausgesprochen wird, dann ist es nicht sichtbar. Dann hat es keinen sichtbaren Stellenwert. Dann kann es nicht gesehen und gewürdigt werden. Und nur wenn etwas sichtbar ist, können sich andere darin spiegeln, dazu positionieren. Und nur mit dieser Sichtbarkeit können andere Menschen ein Rolemodel sehen, sehen, dass Xy existiert, gesund, normal ist, und Spaß macht. Dass es sicher ist, so zu sein.

Und das ist bei Bisexualität noch nicht gegeben. Ja, die ganz junge Generation hat es am Schirm, so weit ich sehe. Aber die nicht mehr so ganz jungen nicht. Als ich aufwuchs (Jahrgang 1974) hab ich wohl schon mal was von schwul gehört – später auch von lesbisch – aber „bisexuell“ war nicht in meinem Bewusstsein. Was zu lustigen Abenteuern und Verwirrungen führte.

Die eigenen Bedürfnisse, das eigene Erleben ist immer wichtig. Und es lohnt sich Immer, immer, immer die eigene Sexualität zu leben. Das ist gerade bei Bisexualität immer noch ein großes Thema. Denn man kann es sich gemütlich im mainstream-hetero-Part einrichten – und wieder auf vermeintliche Sicherheit spielen. Das ist das Ding mit der Komfortzone: das wirklich spannende liegt außerhalb, dann bekommt auch die Hetero-Hälfte der Sexualität eine Aufwertung durch Anerkennen dessen was ist. (Achtung, zuerst führt es meist zu Turbulenzen 😊

Ich bin ich mit allem, was dazu gehört. Sei du du mit allem, was dazu gehört.

Lass uns ganz wir selbst sein, voll aufdrehen, alles erforschen und dann „Je ne regret rien“ raunen.


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für Menschen mit queerem Wortschatz: bisexuell nicht in der Definition von auf zwei Geschlechter zwingend begrenzt, sondern der Definition von nicht auf ein Geschlecht begrenzt. Ich benutze es, weil es vertraut ist, weil es das Wort ist, das ich am längsten in diesem Kontext kenne (und ich immer lange brauche um mit neuen Bezeichnungen warm zu werden).

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